«Das Schöne an meinem Beruf ist, dass die Arbeit am Schluss sichtbar ist»

Sharon Möller hat ihre Lehre als Forstwartin im Jahr 2016 abgeschlossen und arbeitet nun als Forstwartin bei der Bürgergemeinde der Stadt Basel. Sie berichtet über ihre Erfahrungen als Frau in der Forstbranche.

 

Was meinst du zur Aussage «Forstwart, ein Beruf für Männer»?

Davon halte ich nicht viel. Zu Beginn der Lehre sind alle gleich. Unterschiede zeigen sich höchstens bei Lernenden, die auf einem Bauernbetrieb aufgewachsen sind und deshalb die körperliche Arbeit gewohnt sind.

Eine solche Einstellung ist für alle schlecht. Einerseits für Frauen, die sich für diesen Beruf interessieren und andererseits für den Lehrbetrieb, welcher Lernende ausbildet. Nicht jeder Forstbetrieb ist offen gegenüber Frauen. Eine Frau in einem Männerteam bringt jedoch für das Team eine gewisse Auflockerung. 
 

Weshalb hast du dich für den Beruf Forstwartin entschieden?

Ich hatte die Möglichkeit, das Gymnasium zu besuchen, entschied mich aber bewusst für eine Lehre. Ich wollte etwas tun, arbeiten und nützlich sein für die Gesellschaft. Zudem war ich etwas schulmüde, so absolvierte ich einige Schnupperlehren als Forstwartin, Landwirtin und Gärtnerin. Besonders gefiel mir der Beruf Landwirtin. Leider sah ich dort keine Zukunftsperspektive, da ich nicht auf einem Bauernbetrieb aufgewachsen bin. Einer meiner älteren Brüder ist Forstwart und so weckte dieser Beruf mein Interesse, als ich an einem «Gendertag» – heute Zukunftstag einen Tag mit ihm mitging. 
 

Welche Tätigkeiten als Forstwartin magst du am meisten?

Ich mache fast alles gerne. Der Grund dafür ist auch der gute Teamgeist im Betrieb. Die Holzerei finde ich besonders spannend, da ich gerne mit der Motorsäge arbeite. Am Anfang brauche ich aber meistens eine gewisse Anlaufzeit. Das Schöne an meinem Beruf ist, dass die Arbeit am Schluss sichtbar ist. Bei der Waldpflege ist zum Beispiel ein deutliches Vor- und Nachher zu sehen. Momentan bin ich für die Lieferung und Bestellung der Weihnachtsbäume zuständig. Dies ist auch eine Arbeit, die ich gerne mag. Doch wenn man lang dieselbe Arbeit machen muss, kann alles mühsam werden. Da dieser Beruf aber sehr abwechslungsreich ist, kommt das nicht allzu oft vor.
 

Wie ist die Zusammenarbeit mit deinen männlichen Kollegen?

In meinem jetzigen Betrieb fühle ich mich bestens aufgehoben. Ich fühle mich ernst genommen und die Zusammenarbeit funktioniert sehr gut. Es freut mich besonders, dass ich die alleinige Verantwortung für den Weihnachtsbaumverkauf habe.

Ich habe aber auch schon anderes erlebt. Ich wurde nicht ernst genommen, es wurde mir nichts zugetraut und man gab mir keine Verantwortung. Ausserdem habe ich schon erlebt, dass man kein Verständnis dafür hatte, dass ich als Frau im Wald arbeiten möchte.
 

Hast du erlebt, dass du als Frau eine Arbeit nicht ausführen konntest, z. B. mangels Kraft?

Wenn wir irgendwelche Holzrugel, grosse Weihnachtsbäume, schwere Geräte oder ähnliches aufladen müssen, wird mir immer wieder bewusst, dass ich weniger Kraft habe, als manche Arbeitskollegen.

Am Anfang hatte ich bei den Fällarbeiten Mühe, den Keil richtig in den Baum zu schlagen. Seit mir aber gezeigt wurde, welche Technik ich dabei anwenden muss, fällt mir dies viel leichter.

Dank meinem starken Durchhaltewillen sowie dem Ausdauersport und Krafttraining gebe ich nicht so leicht auf. Oft fällt mir der Einstieg in eine schwere Arbeit etwas schwerer, doch sobald man an der Arbeit ist, spüre ich nichts mehr davon.
 

Hast du als Frau in der forstlichen Männerdomäne negative Erfahrungen gemacht?

Es gab während der Lehre und auch später manchmal Momente, in denen ich spürte, dass ich nicht willkommen bin.

Natürlich fallen manchmal Sprüche, doch davon lasse ich mich nicht beeindrucken. Während meiner Lehrzeit hatte ich in einem Kurs eine bessere Note als mein Kollege. Daraufhin meinte er: «Ich bin ja sogar schlechter als Sharon». Über solche Aussagen darf man gar nicht zu viel nachdenken.

 

Wie siehst du die Zukunft von Frauen in einem Forstbetrieb?

Es gibt bereits einige sehr fortschrittliche Forstbetriebe. Dennoch ist es ein langer Weg, bis es selbstverständlich ist, dass eine Forstwartin ohne Probleme akzeptiert wird.

Ich bin der Meinung, dass der Chef zusammen mit seinem Team darüber entscheiden soll, ob eine Frau im Team aufgenommen wird. So können Vorurteile besser angesprochen und auch vermieden werden. Natürlich darf die Forstwartin kein provokatives Verhalten zeigen und nicht zu fest im Team anecken und einen Sonderstatus erhalten.
 

Gehst du anders an Arbeiten heran als deine männlichen Kollegen?

Beim Bäumefällen habe ich früher viel zu viel überlegt und wollte so genau wie möglich sein. Dies hat sich aber stark verbessert.

Mir ist aufgefallen, dass junge Forstwarte in Bezug auf die Gesundheit unüberlegter an die Arbeit gehen als zum Beispiel der Vorarbeiter in meinem Team. Durch sein Alter und seine Erfahrungen sagt er manchmal auch, «lass uns das zu zweit tragen». Man merkt schon, dass ab einem gewissen Alter vermehrt die Gesundheit im Vordergrund steht. Ich bin aber auch in solchen Situationen oft noch wie die jungen Forstwarte.

 

Was muss eine Frau mitbringen, wenn sie Forstwartin werden will?

Zu Beginn meiner Lehre musste ich vom Chef aus Krafttraining betreiben. Dies hat mir sehr geholfen, ich würde dies jeder angehenden Forstwartin empfehlen. Natürlich muss sie gerne draussen arbeiten wollen und vor allem wettertauglich sein. Zudem ist die Ausbildung zu einer Forstwartin mit viel Maschinenarbeit verbunden. Weiter ist ein starker Durchhaltewille nötig und etwas Kampfgeist gehört auch dazu. Ein gewisser Respekt vor gefährlichen Arbeiten sollte auch vorhanden sein.  
 

Wie sehen deine Zukunftspläne aus?

In den nächsten 5 Jahren möchte ich in möglichst vielen Bereichen arbeiten, zum Beispiel auch mit Seilkran und Maschinen. Auch das Baumklettern möchte ich erlernen und in verschiedenen Regionen tätig sein. Ich möchte so viele Erfahrungen sammeln.

Ich kann mir auch vorstellen, später an der Fachhochschule (HAFL) Waldwissenschaften zu studieren. Es ist leider wahr, dass Frauen oft nicht lange im Beruf bleiben. Sie bilden sich weiter oder gründen eine Familie. Mit einer Familie ist es schwierig einen Teilzeitjob als Forstwartin zu finden. Als Forstingenieurin sind die Chancen dazu sicher besser. 
 

Was gibst du einer Lernenden im Forst mit auf den Weg?

Man sollte sich bewusst sein, dass die Arbeiten im Forst körperlich anstrengend sind. Es ist als Frau nicht immer einfach unter den männlichen Lernenden. Wenn etwas mal nicht klappt, darf man aber nicht gleich den Kopf in den Sand stecken. Ich bin überzeugt, dass auch Frauen den Forstwartberuf ergreifen können.
 

Interview und Bild: Laura Brunner

Sharon Möller im Werkhof.